Nachdem wir uns ein bisschen mit dem theoretischen Hintergrund beschäftigt haben wissen wir, dass es sich bei KW-Antennen auf Booten im Grunde immer nur um ein Stück Draht handelt. Alles andere dient lediglich dazu den Draht in Form zu halten. Viele bei oberflächlicher Betrachtung unterschiedliche Antennen sind demnach technisch gleich. Gegen Erde erregte Strahler sind unabhängig von ihrer Bauform immer Marconiantennen. Folgerichtig kann man damit sagen, dass immer wieder gehörte Aussagen wie "Achterstag ist besser als Whip" oder auch umgekehrt nicht haltbar sind. Das mag im Einzelfall stimmen, ist aber nicht auf andere Boote pauschal übertragbar.
Dieses Bild soll den Einfluss externer Dämpfung auf die |
Wie wir im vorhergehenden Kapitel ebenfalls gesehen haben, kommt es entscheidend darauf an, dass die Antenne durch ihre Umgebung möglichst wenig bedämpft wird. Dazu sollte sie weitgehend frei und unbeinflusst von Metallteilen aufgebaut sein. Die Wege um dieses Ziel zu erreichen, differieren bei der Vielzahl unterschiedlicher Bootstypen z.T. deutlich. Man sollte deshalb die Aufbauform wählen, die einem nach Abwägung der individuellen Verhältnisse am geeignetsten erscheint. Ein Indiz für die realen Strahlungseigenschaften einer Antenne erhält man durch Messung des SWRs in der Umgebung der Resonanzfrequenz. Je schmaler die Resonanz ausfällt um so besser ist die Antenne, da damit deren Wirkungsgrad steigt. Schauen wir uns ein paar gängige Ausführungsvarianten einmal an.
Das Achterstag als Antenne
Oft wird ein isoliertes Achterstag als Antenne benutzt. Wenn es wie häufig auf Slups frei hängt, ist das eine sehr gute Lösung, die außerdem optisch unauffällig ist. Umgebende Metallteile sind, wenn man vom Masttop absieht, meistens weit weg. Es ist deshalb vor allem beim hochohmigen oberen Ende darauf zu achten, genügend Abstand vom Mast zu halten. Der obere Isolator sollte mindestens 1 m besser mehr vom oberen Ende angebracht werden.
Achterstagantenne |
Die notwendigen Isolatoren (Norseman, Stalok, Ronstan) sind ziemlich teuer (ab 150 €). Oft geäußerte Bedenken, damit das Achterstag zu schwächen, sind unbegründet. Ein 1x19 Edelstahldraht mit 6 mm Durchmesser, wie er für Achterstage häufig verwendet wird, weist z.B. eine Bruchlast von 3020 kg auf. Der passende Isolator von Norseman eine von 3550 kg, andere Fabrikate wie Ronstan sind sogar mit 5430 kg spezifiziert. Der Preisunterschied für Isolatoren zur Selbstmontage oder solche zum Walzen ist nur gering. Um flexibel zu sein, ziehe ich die Selbstmontage vor. Diese ist auch für Laien kein Problem und mit normalem Werkzeug zu bewältigen. Um die Einzeldrähte beim Schneiden nicht zu verbiegen, benutze ich keine Zange, sondern flexe sie mit einem Dremel ab. Das erleichtert die Montage sehr. Wenn das Achterstag nicht lang genug sein sollte, kann man auch den dann unten meist vorhandenen Hanepot miteinbeziehen. Dabei ist zu beachten, dass die verwendeten Umlenkrollen schon bei leichtem Seegang keinen sicheren elektrischen Kontakt mehr gewährleisten. Eine Überbrückung ist in jedem Fall notwendig. Möglicherweise sind dann unten zwei weitere Isolatoren notwendig. Auf einem GFK-Boot kann man sich den unteren Isolator eventuell auch sparen, wenn man die Gesamtlänge so dimensioniert, dass die Antenne am unteren Ende auf allen benutzten Frequenzen niederohmig ist und deshalb nur geringe Spannungen aufweist. Wegen der erheblichen Kosteneinsparung ist das natürlich sehr verlockend. Man sollte sich aber ganz sicher sein was man tut, ehe man sich zu diesem Schritt entschließt.
Isolator | Überbrückung des Hanepots | Zuleitungsanschluss |
Manche Boote haben statt eines Achter- zwei Backstage. Man kann dann durchaus eines dieser Stage als Antenne nutzen. Oft ist in solchen Fällen das andere räumlich so nahe, dass es die Antennenfunktion stören würde. Um dies zu verhindern, müsste man es ebenfalls isolieren. Die Länge sollte so gewählt werden, dass sich auf keiner der benutzten Frequenzen eine Resonanz ergibt. Außer den dafür notwendigen teuren Isolatoren, muss man sich demnach sehr genau überlegen was zu tun ist um die gewünschte Wirkung zu erreichen. Man kann dies alles umgehen, indem man den Draht dieses zweiten Stages gegen ein elektrisch nicht leitendes Dyneematau austauscht. Bei Regattabooten ist dies bereits gängige Praxis um die Toplast zu verringern. Beschläge dafür gibt es im Zubehörhandel (weitere Infos hier).
Peitschenantenne (Whip)
Obwohl sie optisch sehr auffallen, sind Peitschenantennen ebenfalls sehr beliebt. Mangels anderer Möglichkeiten sind sie vor allen auf Motoryachten Standard. Da der Markt dadurch größer ist, werden auch industriell gefertigte vor allem aus den USA angeboten. Man kann sie aber auch leicht selbst bauen. Sie haben vor allem dann Vorteile, wenn wie z.B. auf einer Ketsch das Achterstag nicht genügend Länge aufweist. Da sie in solchen Fällen durch achterliche Neigung auch weitgehend aus dem Bereich von Stagen und Spieren heraus gehalten werden können, haben sie an Seglerstammtischen oft den Ruf die "bessere" Antenne zu sein. Bei genauerer Betrachtung ist diese Aussage vor allem für niedrige Frequenzen nicht zu halten, da sie dann für einen wirksamen Strombauch einfach zu kurz sind.
Für einen Selbstbau besorgt man sich zunächst einen zusammenschiebbaren GFK-Stab (kein Karbon!). Sind kürzere Längen gewünscht, eignen sich dazu sogenannte Stippruten aus dem Anglergeschäft. Für längere greift man auf Masten zum Portabelbetrieb aus dem AFU-Bedarf (z.B. bei Bogner www.dx-wire.de) zurück. Bei beiden sollte man auf eine stabile Ausführung achten. Die obersten 2 Elemente sind oft zu dünn, so dass man sie abschneiden muss. Dies ist bei der Auswahl zu beachten. In die noch nicht auseinander gezogenen GFK-Rohre schiebt man von unten einen vorgereckten 1,5 mm2 Kupferdraht bis dieser am oberen Ende wieder herauskommt. Dort klebt man ihn mit einem Tropfen Epoxi fest. Dann schiebt man das Ganze vorsichtig auseinander. Oberhalb des unteren Endes wird durch ein gebohrtes Loch der Antennendraht herausgeführt und ebenso wie alle Schiebestellen mit Epoxi oder auch Tape fixiert. Dies sollte man alles auf oder in der Nähe des Bootes machen, da sich die selbstgebaute Antenne nicht mehr zusammenschieben und damit auch nur schwer transportieren lässt.
Die Befestigung am Boot erfolgt z.B. wie oben gezeigt aufwendig mit einer speziell angefertigten Edelstahlkonstruktion. Oft sieht man auch Angelrutenhalter wie sie im Yachtzubehör angeboten werden. Ganz billig geht es mit Rohrschellen (links) mit denen Wasserrohre im Innenausbau von Häusern befestigt werden. Diese Schellen haben innen Gummi, so dass die gehaltenen Teile elastisch gelagert sind. Mit je zwei gegeneinander verschraubten kann man die Antenne damit am Heckkorb befestigen. Bis vor kurzem kannte ich nur die verzinkte Ausführung, die es in jedem Baumarkt gibt und deshalb auch oft verwendet wird. Sie halten erstaunlich lange. Die auf dem Bild haben 5 Jahre IJsselmeer (Süßwasser) hinter sich und kaum Rost angesetzt. Ein freundlicher Leser machte mich jetzt auch auf eine Edelstahlausführung aufmerksam. Leider sind die um ein Vielfaches teurer.
Rope Antenna
Ursprünglich für portablen Einsatz gedacht, wird in den USA die "Rope Antenna" inzwischen auch für den Standardeinsatz beworben. Es handelt sich dabei um eine ganz normales Seil in das ein Draht als Antenne eingezogen wurde. Dieses wird dann an einem freien Fall einfach in den Mast gezogen. Von daher ist es nichts anderes als ein Achterstag als Antenne auch. Strahlungstechnisch dürfte es meistens schlechter abschneiden, da es selten so frei wie ein isoliertes Achterstag hängen dürfte, denn das normalerweise geerdete Achterstag hängt ja noch. Für die Funktion als Antenne braucht der Draht das Seil nicht. Man könnte mit gleichem Erfolg jedoch wesentlich billiger einen einfachen Draht direkt an ein Fall binden und in den Mast ziehen. Das funktioniert genau so gut, lässt sich als Geschäftsidee aber nicht mehr vermarkten.
Split-Lead Antenna
Meine früheren Ausführungen zum theoretischen Hintergrund sollen auch für ein weiteres Thema sensibilisieren. Auf dem Antennenmarkt für AFUs werden immer wieder Neuerungen angeboten, die angeblich spektakuläre Wunder vollbringen. Bei näherem Hinsehen entpuppen sie sich oft als "alte Hüte" oder haarsträubender Humbug, der lediglich clever vermarktet wird. Ein Beispiel dafür ist die "Split-Lead Antenna" aus den USA. Sie wird mit Kunststoffhaltern auf das Achterstag aufgeclipst und soll beste Ergebnisse bringen. In der Werbung wird ausdrücklich erwähnt, dass dieses dafür ruhig weiterhin geerdet sein darf. Wie das funktionieren soll ist mir ein Rätsel. Selbstverständlich wird sich ein solches Gebilde einwandfrei anpassen lassen, aber ein Großteil der Leistung wird, lediglich etwas gebremst durch die Widerstandstransformation auf der Leitung, direkt in die Erde abgeleitet. Warum sollte man, wenn sich die Kosten nach Prospektangaben ebenfalls in der Größenordnung eines isolierten Achterstages bewegen, nicht gleich das Original wählen? Als Portabelantenne wäre sie ja noch vertretbar, aber für solche Fälle tut es ein in das Rigg gezogener Draht mit garantiert besserem Erfolg auch.
KFZ-Mobilantennen
Auf Kraftfahrzeugen ist die Aufbauhöhe beschränkt. Für solche Anwendungen sind handelsübliche Mobilfunkantennen gemacht. Ihre starke Verkürzung muss regelmäßig mit einem niedrigen, einstelligen Wirkungsgrad bezahlt werden. Wenn man von Booten für die Flussschifffahrt absieht, gibt es solche Einschränkungen für uns nicht. Für die Verwendung an Bord kommen solche Antennen deshalb nicht ernsthaft in Betracht. Der Eigner dieser ATAS 120 erzielt inzwischen mit einem einfachen, in das Rigg gezogenen Draht weit bessere Erfolge.
Antennenzuleitung
Die Zuleitung vom Antennenanschluss des Anpassgerätes bis zu dem, was wir wegen des optischen Eindruckes üblicherweise als Antenne bezeichnen, ist bereits Teil der strahlenden Antenne. Koaxkabel oder ähnl. haben hier deshalb nichts zu suchen. Je nachdem wie man die Antenne auslegt, können auf diesem Abschnitt hohe Spannungen sein, was bei der Wahl des Leitungstyps berücksichtigt werden sollte. Auf der sicheren Seite liegt man auf jeden Fall mit Zündkabeln, die leider oft nicht mehr von der Rolle sondern nur noch fertig konfektioniert angeboten werden. Sehr gut eignet sich auch der Innenleiter eines RG 213 Koaxkabels mit seiner dicken Isolation. Die besteht allerdings aus Polyethylen, welches sich in der Tropensonne angeblich innerhalb von zwei Jahren zersetzen soll. (Ich kenne eines, dass nach 6 Jahren Mittelmeer noch keine nennenswerten Schäden aufweist.) Angesichts des Preises ist das verglichen mit GTO 15, welches von spezialisierten Händlern zu diesem Zweck angeboten wird, m.E. zu verschmerzen. Wenn man die Antennenlänge geschickt dimensioniert (im Kapitel Anpassung dazu mehr), so dass keine zu hohen Spannungen entstehen, kann man wie ich auch ganz normale 1,5 mm2 XLR Solarleitung (z.B. Conrad 602578-94) nutzen. Deren Spannungsfestigkeit ist mit 600V bei Wechselspannung spezifiziert. Die Prüfspannung beträgt sogar 6,5 kV und garantiert UV-fest ist sie auch.
Wenn der Antennendraht parallel zu geerdeten Stagen geführt werden soll, verwendet man Abstandshalter. Dieser ist ein Eigenbau. |
Darüber hinaus gibt es noch eine ganze Reihe von Leitungen, die ebenso geeignet sind. Da die Leitungen bereits als Antenne strahlen ist allen gemeinsam, dass sie nicht parallel zu geerdeten Teilen geführt werden dürfen. Auf GFK-Booten ist dies normalerweise kein Thema. Kann man es wie oft auf Metallbooten nicht vermeiden, muss man Abstandshalter (> 10 cm) verwenden, die man kaufen, meist aber sogar stabiler wesentlich billiger aus Kunststoffabfällen selbst basteln kann. Gut eignet sich wegen seiner hohen Isolierfähigkeit und geringen Wasseraufnahme Polyethylen (PE) dazu. Nachteilig ist, dass die Oberfläche unter Sonneneinstrahlung langfristig etwas versprödet, was die Teile unansehlich machen kann, die Stabilität aber nicht beeinträchtigt. PE wird auch für industriell hergestelltes Bootszubehör (z.B. Lüfterabdeckungen) häufig verwendet. Geeignetes Plattenmaterial zum Eigenbau haben viele Industriebetriebe, da dort daraus oft Haltevorrichtungen für die Fertigung hergestellt werden. Man findet es aber auch als Küchenbrettchen in Haushaltswarenabteilungen. Die hier abgebildeten Teile (1 Durchführung und 8 Abstandshalter) wurden aus einem einzigen 8 mm starken Frühstücksbrett (erworben für 99 Cent in einem 1 €-Shop!) geschnitten. Passende Drahtseilklemmen bekommt man beim Shipchandler oder Eisenwarenhändler (bspw. hier). Bei weniger hohen Ansprüchen geht auch ein Kabelbinder. Mit etwas Phantasie findet man viele Möglichkeiten. Unter Langfahrtseglern bekannte absolute Low-Budget-Methode ist, den Abstand mit einem Stückchen Wasserschlauch, durch den man einen Kabelbinder zieht, zu realisieren. Sieht vielleicht nicht so toll aus, funktioniert aber auch.
Auf GFK-Booten ist eine Stan- darddurchführung aus Kunst- stoff völlig ausreichend. |
Bei Metallrümpfen eignet sich dieser Eigenbau besser. Er wird zentrisch hinter einen Durchbruch mit etwa 40 mm Durchmesser montiert. |
Aus dem gleichen Grund darf die Zuleitung auch nicht innerhalb von Alu- oder Stahlrümpfen geführt werden. In diesem Fall ist das Anpassgerät unmittelbar neben der Durchführung zu montieren und das Kabel auf kürzestem Weg senkrecht durch das Metall zu leiten. Um die kapazitive Kopplung klein zu halten eignet sich bspw. eine Kunststoffscheibe, die mit Sika oder ähnl. abgedichtet hinter ein kreisrundes größeres Loch montiert wird. Der Handel bietet hierfür auch spezielle hochspannungsfeste "SSB"-Ausführungen an. Die sehen spannend aus, sind aber nur für wirklich hohe Leistungen notwendig. Das wird schnell klar, wenn man kurz nachrechnet. Bei 100 W Sendeleistung und angenommenen 1000 Ω Impedanz an dieser Stelle stehen lediglich 320 V (eff.) an. Bei höheren Spannungen ist es vielleicht eine gute Idee im Kapitel Anpassung den Abschnitt über Sinnvolle Antennenlängen noch einmal nachzulesen.
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