Alle vorgestellten Antennen sind auf eine gut funktionierende Erde angewiesen, wenn sie gute Leistungen bringen sollen. Wie wir oben bereits gesehen haben, ist dafür vor allem ein sehr niedriger Widerstand auf der Betriebsfrequenz notwendig. Je nach den individuellen Gegebenheiten kann man das auf verschiedene Weise erreichen.

Wenn es gelingt dies auch zu nutzen, haben wir durch das umgebende Wasser auf unseren Booten regelmäßig eine hervorragende Erde. Eine natürliche Erde spiegelt die Antenne. Um gut "spiegeln" zu können, muss sie sehr leitfähig sein. Bei Landstationen ist das nicht immer so. Deshalb wurden für solche Situationen künstliche Erdsysteme entwickelt. Im Deutschen werden sie meist als Gegengewicht bezeichnet. In der AFU-Szene geistern aber auch einige englische Bezeichnungen wie "artifical ground", "groundplane" oder "counterpoise" herum, die alle das gleiche meinen. Obwohl die Verhältnisse auf Booten normalerweise deren Einsatz nicht notwendig machen, werden sie trotzdem benutzt und sollen deshalb hier auch besprochen werden. (siehe auch hier)

Metallrumpf

Ein Schiffsrumpf aus Stahl oder Aluminium ist durch seinen direkten Kontakt zum Wasser die bestmögliche Erde. Es muss lediglich darauf geachtet werden, den Erdanschluss des Anpassgerätes direkt ohne lange Leitung zu verbinden.

Normalerweise wäre damit alles gesagt. Der Haken an der Sache ist, dass bei unsymmetrischen Anpassgeräten, wie wir sie verwenden, der Mantel des speisenden Koaxkabels direkt mit dem Erdanschluss und dieser im Transceiver mit dem Minus der 12 V Stromversorgung verbunden ist. Durch eine direkte Verbindung läge der Minus damit auf dem Rumpf. Das will man normalerweise nicht. Früher wurden an dieser Stelle oft Relais eingesetzt mit denen man die Verbindung nur herstellte, wenn auch das Funkgerät eingeschaltet war. Heute verwendet man meistens Kondensatoren, die für die HF durchlässig sind und den Gleichstrom der Stromversorgung sperren. Ob man teure "DC-Blokker" (Bitte nicht mit Zinc-Saver verwechseln!) genannte Kästchen oder etwas selbstgebautes verwendet ist egal. Drin ist immer das Gleiche. Man muss lediglich darauf achten, das der verwendete Kondensator genügend groß (>10 000 pF) und stromfest ist. Bevorzugt werden deshalb Glimmerkondensatoren (engl. Mica). Die Spannungsfestigkeit spielt an dieser Stelle keine Rolle (100V reichen). Man bekommt sie auf jeden Fall im auf HF-Technik spezialisierten Handel (z.B. www.amidon.de). Wenn nicht gehen auch Keramikkondensatoren. Um die notwendige Kapazität zu erhalten, schaltet man oft mehrere parallel. Das ist eher von Vorteil, weil dadurch eventuell noch vorhandene unerwünschte Restinduktivitäten der Anschlusßdrähte minimiert werden.

Erdungsschwamm

Ohne groß nachzudenken werden von Werften oft Erdungsschwämme verbaut. Sie erfordern Löcher im Rumpf und man kann gut daran verdienen. Von daher sind sie eine Sache für den Fachmann. Leider verlieren sie ihre anfangs guten Eigenschaften recht schnell. In den Poren setzen sich Kalk und Kleinlebewesen ab, wodurch die direkte Verbindung zum Wasser recht schnell verloren geht. Für weiterhin gute Verbindungen muss mandie Schwämme dann z.B. mit Säure reinigen. Dazu muss das Boot an Land. Das ist alles sehr umständlich, so dass man besser gleich eine andere Methode wählt.

Radials

Vielen Funkamateuren sind Radials aus ihrer Antennenpraxis an Land bekannt. Wie oben bereits erwähnt, bilden sie eine künstliche Erde. Obwohl mit dem umgebenden Wasser auf Booten die bestmöglichen echten Erdverhältnisse vorliegen, sieht man sie häufig. Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass eines pro Band ausreichend sei. Das ist so nicht richtig. Ein Radial mit λ/4 Länge hat ebenso wie eine gleichlange Antenne eine Impedanz von 36 Ω. Mit nur einem würde also die Hälfte der HF-Leistung über dieses Radial abgestrahlt. Diese Energie geht nicht nur verloren, sondern führt oft zu Störungen in der Bordelektronik. Drastisch besser wird das, wenn man wie an Land üblich mehr als ein Radial (immer pro Band!) verwendet. Mit jedem weiteren wird die Impedanz exponentiell kleiner. Bei zwei Radials 18 Ω, bei drei 12, usw. Auf Booten fehlt allerdings oft der Platz für solche Maßnahmen.

Flächenerde

Bei einer Flächenerde bildet eine Fläche aus Metallfolie oder leitfähiger Farbe eine "Platte" eines Kondensators. Durch das GFK wird direkt auf die andere Platte, die aus dem umgebenden Wasser gebildet wird, gekoppelt. Diese Methode hat viele Vorteile, weshalb ich sie, wenn die Voraussetzungen an Bord stimmen, bevorzuge. Je nach Dicke des GFK braucht man 2-3 m2 um auch im 80 m Band noch einen genügend kleinen Widerstand zu erreichen. Kupferfolie ist wegen der Lötbarkeit am einfachsten zu verarbeiten oft aber schwer zu beschaffen. Im Haushalt für Verpackung von Lebensmitteln übliche Aluminiumfolie ist zu dünn und reißt leicht. Ich habe gute Erfahrung mit Alufolie gemacht, wie man sie früher als Feuchtigkeitssperre in Mauerwerk benutzte. In manchen Baustoffhandlungen bekommt man sie auch heute noch. Auch im Saunabau wird Folie mit genügender Reißfestigkeit als Dampfsperre verwendet. Zum Aufkleben der Folie auf den Schiffsboden hat sich Sprühkleber bewährt. Wichtig ist auch wirklich eine Fläche zu erzeugen und eine Bahn neben der anderen zu "tapezieren". Bei Alufolie kann es durch die immer vorhandene Oxidschicht schwierig sein einen Anschluss anzubringen. Ich fertige mir dazu eine Leitung mit je einem Ringkabelschuh für jede Bahn. Die Folie wird an der Seite an einem Schott etwas hochgezogen und dort die Leitung mit Schrauben durch die Ringösen befestigt. Wenn man zwischen die Ösen und das Aluminium einen Zahnkranz einlegt, drücken sich dessen Zähne in die Folie und stellen einen sicheren, gasdichten Kontakt her. Man darf die Schraube allerdings nie wieder lösen, da sich sofort eine neue Oxidschicht bilden würde. In einem solchen Fall müsste man eine neue Schraubstelle wählen.

Flächenerde aus Leitfarbe ist technisch gleichwertig mit Folie. Sie ist deutlich teuer, sieht aber professioneller aus. Außerdem kann sie auch überstrichen werden und ist dann überhaupt nicht mehr zu sehen. Geeignete Farbe findet man im Internet, wenn nach "Abschirmfarbe" sucht. Solche auf Kohlebasis mag für die eher esoterischen Bedürfnisse von strahlungssensiblen Menschen ausreichend sein. Für unsere Zwecke ist niederohmige auf Kupferbasis notwendig. Große Qualitätsunterschiede gibt es dann, wenn man beachtet die Farbe dick genug aufzutragen, nicht mehr (Kleiner als 0 Ω kann der Widerstand ja kaum werden.) Mehrere Skipper haben mir inzwischen von guten Ergebnissen mit der Abschirmfarbe der Firma ESnord berichtet. Sie kostet nur etwa ein drittel der ominösen "SSB-Ground-Paint" aus dem Yachtzubehör. Verschiedene Händler bieten sie durchaus preiswerter als ESnord selbst an. Als Anschluss hat es sich bewährt, zunächst ein Stück Kupfergeflecht z.B. aus dem Mantel eines Koaxkabels mit etwas Epoxi auf den Boden aufzukleben. Dabei ist, um später guten Kontakt herzustellen, darauf zu achten, dass der Kleber nicht das ganze Geflecht benetzt. Danach wir die Farbe im mehren Schichten aufgetragen und das Anschlussgeflecht dabei jeweils dick überstrichen. Wie immer muss außerdem darauf geachtet werden, dass sich der Anschluss in unmittelbarer Nähe des Anpassgerätes befindet.

Der Kiel als Erde

Für sich gesehen ist der Kiel ebenfalls eine sehr gute Erde. Nachteilig ist, dass er oft weit vom, wegen der Antenne am Heck montierten, Anpassgerät entfernt ist. Wir erinnern uns, das längere Leitungen für HF immer schädlich sind. Eine λ/4 lange Leitung macht durch Leitungstransformation aus einem guten niederohmigen Kiel eine völlig unbrauchbare hochohmige Erde. λ/4 sind im 14 MHz Band nur 5 m. Wenn aber der Platz für eine genügend große Flächenerde nicht ausreicht, kann der parallel geschaltete Kiel zusätzlich für die tiefen Frequenzen Vorteile bringen. Die Flächenerde wirkt dabei vorwiegend für die höheren Frequenzen, der Kiel für die niedrigeren. Mehrere Methoden parallel zu schalten schadet nie wissen wir doch, dass bei der Parallelschaltung von Widerständen der Gesamtwiderstand immer kleiner als der kleinste Einzelwiderstand ist. Zu beachten ist, dass auch der Kiel direkte elektrische Verbindung zum Wasser hat. Vor Elektrolyse schützt auch in diesem Fall ein Kondensator.

Kiss-Erde

Die Kiss-Erde ist ein weiteres Beispiel für die im Antennenmarkt häufige Bauernfängerei. Nach Prospektangaben arbeitet sie über Radials mit geschickt angeordneten Resonanzen, so dass über den gesamten KW-Bereich eine brauchbare Erde gegeben ist. Nach den Ausführungen oben ist klar, dass überall Resonanz keine Resonanz mehr ist. So kann es also nicht sein. Wahrscheinlich werden sich breitbandige Resonanzen unterschiedlicher Qualität ergeben. Wo die genau liegen und wie gut sie sind, lässt die Webseite offen. Im besten Fall kann von gleichen bescheidenen Leistungen wie bei individuell dimensionierten Radials ausgegangen werden. In der Praxis sind deutlich schlechtere Ergebnisse zu erwarten, die nur diejenigen zufrieden stellen können, die nichts besseres kennen.

Keine Erde

In AFU-Kreisen gibt es immer wieder Spezialisten, die behaupten eine HF-Erde sei überhaupt nicht notwendig. Sie hätten hervorragende Verbindungen auch ohne gefahren. Zu ihrer Entschuldigung kann nur gesagt werden, dass sie es wohl nicht besser wissen und sich nicht vorstellen können, wie viel besser es mit einer korrekten, niederohmigen Erde gehen würde. Aus obigen Ausführungen geht hervor, dass eine Antenne zwingend λ/2 lang sein muss. Auf eine Erde, die diese Länge durch Spiegelung ermöglicht, kann also nur dann verzichtet werden, wenn die notwendige Länge entweder mechanisch gegeben, oder durch elektrische Verlängerungs- bzw. Verkürzungmaßnahmen hergestellt wird. Außerdem erfolgt dann die Speisung nicht mehr in der elektrischen Mitte sondern am Ende. Ein Beispiel für eine solche Antenne ist älteren Funkamateuren als Fuchsantenne bekannt. Sie ist lange aus der Mode gekommen. Aus gutem Grund, denn durch die Speisung am Ende ist sie immer hochohmig, was zu hohen Spannungen und damit zu Störungen anderer Geräte in weitem Umkreis führt. Automatische Anpassgeräte, wie sie auf Booten üblich sind, schließen λ/2 lange Antennen regelmäßig aus, weil sie für dabei entstehenden hohen Speisespannungen nicht gebaut sind. Falls sie auf einigen Frequenzen ohne Erde überhaupt stabil arbeiten, wird sich die HF immer ein Gegengewicht suchen. Oft die Anschlusskabel aber auch über kapazitive Kopplung auf Metallteile wie Reling, Stage oder die sonstige elektrische Verdrahtung. Damit ist eine wunderbare Quelle für Störungen in der Bordelektronik gegeben, über die diese Leuten ebenfalls regelmäßig berichten. Den Zusammenhang mit der fehlenden Erde sehen sie nicht, doktern statt dessen meist vergeblich an der Entstörung herum und schimpfen auf ihre Geräte.

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Antennen 4/5 - Anpassung