Antennen für Kurzwellenfunk - ein wenig Theorie muss sein

Anders als Funkgeräte kann man komplette KW-Antennensysteme für den Bordgebrauch nicht fertig kaufen. Die Einflussmöglichkeiten durch die unterschiedlichen Verhältnisse sind einfach zu groß um etwas "von der Stange" oder auch nur einigermaßen seriöse Kochrezepte anbieten zu können. Andererseits hat die Antenne entscheidenden Einfluss auf die Funktion der Funkstation. Einem verantwortungsvollen Eigner bleibt von daher gar nichts anderes, als sich zumindest soviel Kenntnisse anzueignen, wie sie für die Beurteilung notwendig sind. Das geht nicht ohne ein wenig Hintergrundwissen um die technischen Zusammenhänge.

Wenn man über Antennen spricht, kommen immer wieder einige Fachbegriffe vor, die zuvor geklärt werden müssen.

Frequenz, Wellenlänge

Zwischen der Frequenz f, also der Anzahl Schwingungen pro Sekunde und der mit dem griechischen Buchstaben Lambda (λ) bezeichneten Länge einer elektromagnetischen Welle gibt es einen festen Zusammenhang:

λ = c/f

wobei λ die Wellenlänge in m, c die Lichtgeschwindigkeit (300 000 km/s) und f die Frequenz gemessen in Hertz (Hz = s-1) ist. Man kann also bei bekannter Frequenz die Wellenlänge leicht ausrechnen. Einer Frequenz von bspw. 14,1 MHz entspricht demnach eine Wellenlänge von 21,27 m. Um eine allgemeingültige Darstellung zu haben, spricht man in Zusammenhang mit Wellenlängen niemals von Metern sondern immer von Lambda. Wenn von einer λ/2-langen Antenne die Rede ist, meint man also eine, die eine halbe Wellenlänge lang ist. In unserem Beispiel wären das 10,635 m. Sehr oft kommt auch λ/4 vor, was, um im Beispiel zu bleiben, 5,32 m entspricht.

Elektrisches und magnetisches Feld

Zwischen zwei elektrisch unterschiedlich geladenen Polen besteht immer ein elektrisches Feld. Fließt dann ein Ausgleichsstrom bildet sich um den Leiter ein magnetisches Feld. Strom ohne Spannung geht nicht, es werden also immer beide Felder vorhanden sein. Wir sprechen deshalb ganz allgemein von Elektromagnetischen Feldern.

Reziprozität

Eine Antenne ist immer reziprok, d. h. sie ist sowohl Sende- als auch Empfangsantenne und verhält sich in beiden Betriebsarten gleich gut. Einziger Unterschied ist die umgesetzte Leistung, die bei Empfangsbetrieb naturgemäß sehr viel kleiner ist. Bei reinen Empfangsantennen können deshalb die Isolatoren weniger spannungsfest und Übertrager sowie andere nichtlineare Bauteile entsprechend kleiner ausgelegt werden. In Amateurkreisen oft gehörte Behauptungen wie "bei reinem Empfangsbetrieb braucht man keine Anpassung" sind blanker Unsinn. Aus der Tatsache, dass bei falsch angepasster Antenne bei Empfang im Gegensatz zum Sendebetrieb nichts kaputt geht, darf man keine falschen Schlüsse ziehen. Das liegt ausschließlich an der umgesetzten Leistung. Im Vergleich wird man den Unterschied deutlich hören. Große Reichweiten erzielt man auch beim Empfang nur mit resonanten, angepassten Antennen.

Resonanz

Ein Schwingkreis besteht immer aus einer Kapazität und einer Induktivität. Bei Parallelschaltung spricht man von einem Parallel-, bei Reihenschaltung von einem Serienschwingkreis. Ein von außen angeregter Schwingkreis schwingt auf der Resonanzfrequenz, die sich aus den jeweiligen Werten der Bauteile ergibt. Die zugeführte Energie schaukelt sich auf, so dass deutlich höhere Werte erreicht werden. Man spricht dann von Resonanzüberhöhung.

Ein Parallelschwingkreis hat auf der Resonanzfrequenz einen hohen Widerstand, so dass darüber eine hohe Spannung ansteht. Diese ist umso höher, je schmalbandiger der Schwingkreis ist. Schmalbandig ist er dann, wenn er nur wenig bedämpft wird. Dazu ist notwendig, dass die Blindwiderstände von Spule und Kondensator möglichst gleich sind. Sie unterscheiden sich dann nur durch unterschiedliche Vorzeichen (konjugiert komplex). Reelle Widerstandsanteile sollten überhaupt nicht vorhanden sein. In der Praxis wird man diesen Idealzustand nicht erreichen, sollte aber versuchen ihm nahezukommen, wenn man nicht bewusst eine breitbandige Ausführung für besondere Zwecke haben will. Ein Serienschwingkreis hat bei Resonanz einen geringen Widerstand. Es fließt also ein besonders großer Strom. Ansonsten gilt analog gleiches wie bei Parallelresonanz.

Wenn man sich vorstellt, einen Schwingkreis so weit auseinander zu ziehen, bis er nur noch aus einem dünnen Draht besteht, wird er weiter auf der gleichen Frequenz schwingen. Der Draht ist dann genau eine halbe Wellenlänge λ/2 lang. Ein Ersatzschaltbild kann man sich als eine große Menge von Induktivitäten und Kapazitäten vorstellen. In der Mitte wird ein großer Strom fließen und an den Enden jeweils eine hohe Spannung mit entgegengesetzter Phasenlage anstehen.

Dipol

Wir haben soeben aus einem Schwingkreis den Dipol die Grundform aller Antennen (zumindest der an Bord gebräuchlichen) abgeleitet. Um deren Funktion verstehen zu können, lohnt es sich, sich etwas näher damit zu beschäftigen. Drei wichtige Eigenschaften charakterisieren ihn

  • Um in Resonanz zu sein muss er immer genau λ/2 lang sein.
  • In der Mitte wird immer ein großer Strom fließen, wir reden von einem Strombauch. Wo ein großer Strom fließt, ist ein niedriger Widerstand.
  • An den offenen Enden wird immer eine hohe Spannung (Spannungsbauch) anstehen. Sie müssen deshalb immer gut isoliert sein. Der Widerstand ist hoch, so dass kein Strom fließen kann.

Ein Dipol ist eine äußerst nützliche Antenne. Er ist schnell gebaut und eignet sich hervorragend um die Funkstation vor dem Einbau an Bord zu Hause auszuprobieren, was ich sowieso dringend empfehlen möchte. Außerdem lernt man sehr viel dabei.

Schematischer Aufbau eines Dipols

Wir bauen uns einen Dipol

Das obige Bild zeigt den schematischen Aufbau eines Dipols. Für den Bau eignet sich ein beliebiger Draht. Für eine Dauerlösung sollte man bedenken, dass Kupfer mit der Zeit etwas ausreckt. Dann ist Stahl oder Bronze (Antennenlitze) geeigneter, ansonsten ist es wirklich egal. Die Enden isolieren wir mit je einem Kunststoffteil, welches wir uns aus einem Abfallstück zurechtschneiden. Die genaue Größe spielt keine Rolle. An beide Enden kommt je ein Loch. Am inneren wird der Antennendraht befestigt und außen das Seil zum Aufhängen. Für die Mitte fertigen wir uns ein gleiches Teil an, das zusätzlich ein weiteres Loch enthält an dem wir ein beliebiges 50 Ω Koaxkabel (z.B. RG 58) befestigen können. Die Seele des Koaxkabels wird mit der einen, der Mantel mit der anderen Seite der Antenne verbunden.

Wir haben gelernt, dass ein Dipol immer λ/2 lang ist, also muss jede Seite λ/4 lang sein. Wie lang das in Metern ist können wir leicht mit der oben gezeigten Gleichung für die Wellenlänge ausrechnen. Wenn wir einen Dipol für bspw. 14,1 MHz bauen wollen, ginge das so

Jede Seite des Dipols muss also 5,32 m lang sein. Mit diesen Angaben können wir die Antenne bauen. Das ist schnell gemacht und anschließend wollen wir sie natürlich auch ausprobieren. Dazu ziehen wir sie in die vorgesehene Position und messen zur Kontrolle die Resonanzfrequenz. Das macht man am einfachsten in dem man den Sender anschließt und bei kleinstmöglicher Leistung das Stehwellenverhältnis (SWR) misst. Wir beginnen bei der Sollfrequenz und drehen die Frequenz langsam herunter, bis sich beim SWR ein Minimum (Bei diesem Aufbau wird es etwa 1,5 sein.) ergibt. Bei noch niedrigeren Frequenzen wird es wieder ansteigen. In unserem Fall messen wir die Resonanzfrequenz z. B. mit etwa 13,5 MHz. Genau kann man das nicht vorhersagen, auf jeden Fall aber deutlich unter der berechneten Frequenz. Unsere Antenne ist demnach zu lang. Warum ist das so?

Die obige einfache Formel gilt nur für ideale Verhältnisse, also einen unendlich dünnen supraleitenden Draht, der sich frei von irgendwelchen Einflüssen ganz weit draußen im Weltraum befindet. Bei uns auf Erden wirken viele Dinge ein, die alle verkürzend wirken. So spielt z.B. der Durchmesser und das Material des Drahtes aber auch alles, was sich in der Umgebung befindet, eine Rolle. Besonders andere elektrische Leiter wirken sich aus. Wie viel ist äußerst schwer zu berechnen, da jeder Standort anders ist.

Die meisten Funkamateure würden jetzt ihren Seitenschneider ansetzen und durch vorsichtiges Kürzen versuchen die Antenne auf der Wunschfrequenz in Resonanz zu bringen. Oft ist sie dann plötzlich zu kurz und die ganze Geschichte geht von neuem los. Ich ziehe es daher vor, noch ein wenig zu rechnen

Die Werte unseres Beispiels in obige Formel eingesetzt ergibt

Wir müssen unseren Dipol auf jeder Seite um 23,2 cm kürzen. Das passt! Die Länge, um die wir kürzen müssen, ist ein guter Hinweis auf die Qualität unserer Antenne. Je mehr, desto schlechter!

Der Schwingkreis Antenne wird durch die äußere Einflüsse aus der Umgebung erheblich bedämpft. Das macht die Antenne breitbandiger senkt aber auch den Wirkungsgrad, was sich besonders in Grenzsituationen deutlich nachteilig auswirken kann.

Bandbreite

In nebenstehendem Bild sind zwei Antennen gleicher Mittenfrequenz aber unterschiedlicher Bandbreite gegenüber gestellt. Wenn wir die blaue Antenne leicht außerhalb ihrer Bandbreite nutzen wollen, wird das nicht mehr richtig funktionieren. Die breitbandige rote auf der gleichen Frequenz wird dagegen noch akzeptable Werte bringen. Auf der Resonanzfrequenz betrieben ist der Unterschied bei bescheidenen Übertragungsbedingungen die Erklärung dafür, warum es mit der einen (blauen) Antenne geht und mit der anderen (roten) nicht. Wir lernen daraus, dass man eine Antenne für gute Leistungen so schmalbandig wie möglich halten muss. Also vor allem weit weg von allen Metallteilen und sonstigen Einflüssen an Bord. Zu schmalbandig kann sie gar nicht werden, da sie über das bei Schiffsantennen fast immer vorhandene Anpassgerät problemlos auf Resonanz abgestimmt wird.

 

Richtwirkung

Nebenstehendes Bild zeigt das Richtdiagramm eines Dipols, wie es immer wieder in einschlägigen Publikationen zu finden ist. Freilich gilt auch das nur unter idealisierten Bedingungen. In der Praxis dürfte es fast immer mehr oder weniger verbeult sein. Man sieht aber sehr schön, dass die Hauptstrahlung in der Mitte der Antenne, dort wo der Strombauch ist, erfolgt. "Strom strahlt" ist deshalb eine Faustregel nicht nur bei Amateuren. In Richtung des Drahtes erfolgt dagegen keine Strahlung. Ein Dipol hat also eine ausgeprägte Richtwirkung quer zum Antennendraht. Wenn wir uns jetzt vorstellen den Dipol nicht mehr wie meistens üblich horizontal sondern vertikal aufzuhängen, wird er zum Rundstrahler. Das ist für unsere Anforderungen an Bord nahezu ideal. In Richtung Boden wird fast nichts mehr gestrahlt, dadurch hat der keinen negativen Einfluss mehr. Strahlung senkrecht nach oben gibt es auch nicht mehr. Das ist von Vorteil, da sie eh nicht zur Reichweite beiträgt. Einfluss auf die Strah-lungscharakteristik haben damit nur noch Mast und Stagen von denen wir uns wegen der negativen Einflüsse auf die Bandbreite sowieso fern halten wollen. Alles in allem eine ideale Antenne für den Bordbetrieb, wenn die nur schwer zu realisierende Einspeisung in der Mitte nicht wäre.

Erde

Bereits vor über hundert Jahren entdeckte Marconi, dass wenn man nur eine Hälfte eines Dipols senkrecht über elektrisch gut leitender Erde anbringt, diese im Boden gespiegelt wird. Damit ist die Antenne nur noch halb so lang und die Einspeisung erfolgt direkt über dem Boden. Für die Verhältnisse auf Booten ist das ideal, da wir mit dem Meerwasser eine hervorragend leitende, nahezu perfekte Erde haben. Aus dem Ersatzschaltbild geht aber auch hervor, dass um die HF-Leistung vollständig abzustrahlen d.h in RS zu verbrauchen RE 0 Ω haben muss. Für einen guten Wirkungsgrad der Antennenanlage müssen wir also der Ausführung der Erde besondere Aufmerksamkeit widmen.

Verkürzen oder Verlängern

Bisher haben wir uns nur mit Antennenformen für eine einzige Frequenz beschäftigt. Wir haben gelernt, dass die eine Hälfte einer Antenne genau λ/4 lang sein muss. Die andere wird dann durch Spiegelung in der Erde erzeugt. Bei unseren Überlegungen sind wir davon ausgegangen, diese Länge ausschließlich durch die mechanische Länge des Drahtes zu erzeugen. Das muss nicht zwingend so sein. Eine Antenne muss zwingend elektrisch λ/4 lang sein aber nicht unbedingt mechanisch. Einfügen einer Induktivität verlängert elektrisch, eine Kapazität verkürzt. Man kann damit einen beliebig langen Draht durch Einfügen einer passenden Spule oder eines Kondensators auf jede gewünschte Frequenz abstimmen. Allerdings darf man es damit auch nicht übertreiben. Wir erinnern uns, dass eine Antenne besonders im Bereich des Strombauches gut strahlt. Wir werden dementsprechend bei der Dimensionierung darauf achten, dass unsere Antenne bei den Arbeitsfrequenzen viel Strombauch hat. Man kann eine Antenne deshalb nicht beliebig verkürzen ohne den Wirkungsgrad drastisch zu verschlechtern.

Zusammenfassung

Fassen wir zum Abschluss der theoretischen Betrachtungen das Wichtigste noch einmal zusammen:

Ein beliebiger Draht funktioniert als Antenne, wenn

  • er durch elektrische Maßnahmen auf λ/4 (oder ungerade Vielfache) gebracht wird und
  • die HF-Erde auf den benutzten Frequenz auch wirklich als Spiegel funktioniert und
  • die Speisung mit der richtigen Impedanz erfolgt (dazu später mehr)

Jetzt haben wir das nötige Rüstzeug für die Praxis. Dieses Wissen sollten wir immer im Hinterkopf haben, wenn wir uns mit der Realisierung der Antenne auf unserem Boot beschäftigen.

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Antennen 2/5 - Praxis