Rudersanierung – besser als neuwertig, Teil 2 (durchgeführt im Februar/März 2015)
Die Fertigstellung der Rudersanierung im Februar/März 2015 beanspruchte mehr Zeit als geplant. Schlechtes Wetter, Regen und Kälte bescherten der Türkei ein ungewöhnlich schlechtes Frühjahr.
Für die Ruderarbeiten bedeutete es Wartezeiten auf akzeptable Wetterfenster und die Epoxy-Arbeiten brauchten mindestens eine Nacht zum Aushärten aufgrund geringer Temperaturen.
Zunächst wurden 4 weitere Lagen 160g-Matten mit Epoxy SystemWest rund um die im Herbst verklebten Schalen laminiert.a
Mit einem Dremel wurde der Freiraum für den VA-Ring gefräst.
Besser voran ging es, nachdem die Arbeiten in einem Zelt fortgesetzt werden konnten, in welchem eine große Oyster-Yacht saniert wurde.
Das Ruder wurde senkrecht am Hallengestänge fixiert. Für das nun anstehende Befüllen mit dem PU-Hartschaum wurde eine Matrix von 10 mm-Bohrungen auf einer Ruderblattseite gebohrt. Der 2Komponenten-PU-Schaum (flüssig) wurde in 100 ml-Dosierungen gemixt und von unten beginnend in die Löcher injiziert. Aufgrund der sehr schnellen Reaktionszeiten von etwa 130 Sek. musste das Befüllen rasch erfolgen (2 Spritzenfüllungen pro Mischung)! Es wurde jeweils so viel PU-Schaum injiziert, bis er aus den Bohrungen rausgequollen ist.
Dann folgte das Einkleben des VA-Rings: Der korrekteAbstand zur Befestigungsmutter des Ruders am oberen Ruderlager wurde ein letztes Malgeprüft (Foto rechts). Der VA-Ring wurde mit elastischemEpoxy von System West (Typ G-Flex) eingeklebt.Zur besseren Haftvermittlung wird das honigartige G-Flex-Epoxy mit Schleifpapier regelrecht in das VA-Material der Welle eingerieben. Der Außenspalt zwischen Ruder-laminat und Welle wurde mittels Glasfaser-Flocken angedicktem G-Flex-Epoxy gefüllt
Der VA-Ring wurde in den gut gefüllten Spalt gedrückt, so dass überschüssiges G-Flex-Epoxy ringsherum ausgetreten ist!
Die innere Nut zwischen VA-Ring und Ruderwelle wurde mit nicht angedicktem G-Flex-Epoxy mit einer Spritze aufgefüllt.
Hier der fertig eingeklebte VA-Ring.
Die Füllbohrungen für die PU-Schaumbefüllung wurden mit der Fächerscheibe großflächig freigelegt ...
... und mit einem Senkbohrer gesenkt.
Alle Bohrungen wurden mit angedicktem Epoxy gefüllt und anschließend mit 4 Lagen 160 g Matten überlaminiert.
Die Matten wurden kreisförmig ausgeschnitten und im Durchmesser schrittweise vergrößert.
Die obere Füllöffnung für PU-Schaum wurde jetzt ebenfalls geschlossen ...
... und mit Matten überlaminiert.
Nach dem Aushärten des Epoxys wurden die Ruderschalen beidseitig von alten Antifoulingschichten befreit.
Das alte Gelcoat musste nicht abgeschliffen werden.
Das Ruder wurde am Zeltgerüst aufgehängt, sodass es frei hängend rundum mit 2 Lagen 2-Komponenten-Epoxyprimer beschichtet werden konnte.
Das komplette Ruder wurde nach dem Aushärten der Primer-Beschichtung mit Epoxyspachtel überzogen.
Es folgten nach dem Verschleifen weitere 2 Lagen Epoxyprimer
Nach Aushärtung des Primers ein Beschichten mit 2-Komp.-Epoxyfiller.
Danach wurde das Ruder rundum mit 250er-Korn schön glatt geschliffenen.
Jetzt erfolgte eine Anprobe an der Jalin. Das ca. 50-60 kg schwere Ruder konnte geradeso eingesetzt werden ohne zusätzlichen Krantermin.
Ergebnis: Die Lagerung und der VA-Ring passen perfekt.
Das am Boot montierte Ruder wird mit 3 weiteren Schichten Epoxyprimer beschichtet.
Um die Ruderoberseite für die Streicharbeiten gut zu erreichen, wurde es nach der Anprobe um ca. 5 cm abgelassen. Der spezielle 2K-Primer für Coppercoat ermöglicht ein Aufbringen der Coppercoat-Beschichtung innerhalb von 24h.
Das Coppercoat wird in der Pantry auf der Küchenwaage angemischt und dann aufgetragen in 5 Schichten. Die Farbe wurde für jeden Anstrich erneut angemischt. Der Schichtauftrag erfolgte nass in nass gemäß der Coppercoat-Anleitung, nicht zu früh, so dass vorangegangene Anstriche nicht abgelöst wurden beim Auftragen der neuen Schicht.
Das aufgebrachte Coppercoat musste 72h austrocken ohne Wasserkontakt.
Am 09.03. ging die Jalin am Ende des „Frühjahrurlaubes“ wieder zurück ins Wasser.
Zusammengefasst:
In Summe beanspruchte die Rudersanierung ca. 5 Wochen Arbeit auf dem Werftgelände. Unter optimalen Bedingungen wären diese vermutlich in ca. 3 Wochen machbar gewesen.
Die vielen Arbeitsschritte sind im Serienbau kaum bezahlbar. Die relativ bescheidene Auslieferungsqualität der Werft verwundert deshalb nicht.
Auf dem Werftgelände lagen im näheren Umkreis mind. 5 demontierte Ruder von Yachten unterschiedlicher Hersteller mit ähnlichen Problemen, teilweise vielleicht auch hervorgerufen durch die ziemlich genau beobachteten Arbeiten des „Deutschen“.
Die türkische Hilfsbereitschaft war ein ausgesprochener Lichtblick. Die Freundlichkeit, mit der man sich auf dem Werftgelände begegnete, mehr als beeindruckend.
Das neue Ruder dürfte bzgl. Ausführung und Stabilität um einiges besser sein. Die Hoffnung auf eine entsprechende Langlebigkeit besteht also.
Coppercoat hat sich am Kiel der Jalin bereits seit 2 Jahren bewährt. Sollte sich diese Erfahrung nun auch am Ruder bestätigen, erfolgt in weiteren 2 Jahren die Umstellung des gesamten Rumpfes auf Coppercoat.
Und als Eigner verspürt man durch die doch recht harten Arbeiten und den tiefen Eingriff ins Schiff ein noch innigeres Verhältnis zum „Schätzchen“, welches dadurch vielleicht auch eine neue Seele bekommen hat …