Boot polieren - ein Erfahrungsbericht
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- Veröffentlicht: Montag, 23. Juni 2014 17:46
- Geschrieben von Martin Erger
Nein, auch beim Boot gehört Putzen und Polieren nicht wirklich zu meinen Lieblingstätigkeiten. Lange habe ich das Thema deshalb vor mir hergeschoben und nur das Allernötigste gemacht. Jetzt - unsere Bavaria geht ins zwölfte Jahr - musste wirklich mehr als normales Waschen getan werden. Das Gelcoat war größtenteils stumpf geworden und auch stark verschmutzt. An den anfänglichen Glanz erinnerten nur noch einige Stellen im Innenbereich. Sonne und Umwelt hatten ganze Arbeit geleistet.
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Nach 12 Jahren war das Gelcoat meiner Bavaria unüber- sehbar stumpf geworden. Vom anfänglichen Glanz war keine Spur mehr vorhanden. |
Das Detailfoto offenbart das ganze schreckliche Ausmaß.
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Als Elektronikingenieur habe ich von chemischen Reinigungsvorgängen absolut keine Ahnung. Ich begann deshalb mit einer gründlichen Recherche im Internet. Dabei lernte ich, dass der Glanzverlust, als eine Folge der Einwirkung des Sonnenlichtes auf die obersten Gelcoatschichten, im Grunde unvermeidbar ist. Die dabei entstehen Partikel müssen durch abrasive Bearbeitung abgetragen werden. Die darunter liegende Schicht glänzt dann wieder, bis auch sie durch Lichteinwirkung zersetzt ist. Dann ist eine Wiederholung der Behandlung notwendig.
Am Markt werden eine ganze Reihe Reinigungsprodukte angeboten, was für mich zunächst ziemlich verwirrend war. Von angeblichen All-in-One Wundermitteln aus dem KFZ-Zubehör bis zu mehrstufigen immer feiner werdenden Polituren für den Profi ist alles dabei. Nach Erfahrungen in Seglerforen zu fragen brachte nur wenig, weil jeder auf sein Mittel schwört, aber letzlich nur wenig Vergleichsmöglichkeiten hat. Mir geht es nicht anders. Ich entschied mich dafür es mit den Produkten der Firma METASCO zu versuchen. METASCO ist eine auf Produkte zur professionellen Fassadenreinigung spezialisierte Kleinfirma in Schleswig-Holstein, deren Inhaber Thomas Margraf selbst Segler ist. Von daher kennt er die Anforderungen bei Booten sehr genau. Für mich war vor allem entscheidend, dass er persönlich alle meine Fragen individuell geduldig und schlüssig per Email beantwortete, während mich andere Hersteller mit der Zusendung eines Prospektes oder einem Link auf die jeweilige Webseite abspeisten.
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Die Vorbehandlung erfolgt mit Metax FT und Oxalsäure, da- nach die abrasive Reinigung mit Metax BS1 und dem Super- pad weiß und abschließend eine Versiegelung mit Certonal (von links) |
Theoretisch kann man natürlich alles von Hand verarbeiten. Auch mit einer Poliermaschine (meine ist eine von Kunzer) ist die Verarbeitung von BS1 immer noch eine schweißtrei- bende Angelegenheit. Ich bin froh die Maschine zu haben. |
Die Gelcoataufarbeitung nach METASCO erfolgt in mehreren Stufen. Obwohl eine vorhergehende Reinigung ausdrücklich als nicht notwendig bezeichnet wird, gönnte ich meinem Boot eine gründliche Vorwäsche mit Schrubber und jeder Menge klarem Wasser, da das Winterlager auf einem staubigen griechischen Werftgelände deutliche Spuren hinterlassen hatte. Erst danach begann ich mit den eigentlichen Arbeiten.
Erster Schritt war das Abwaschen mit Metax FT. Dazu verdünnte ich 150 ml Konzentrat mit 1 l Wasser. Bei der Lösung handelt es sich um ein starkes Tensid, das Fette radikal entfernt (Handschuhe tragen!). Aufgabe dieses Arbeitsganges ist alle alten Konservierungsmittel von der Oberfläche zu entfernen und diese damit für weitere Reingung überhaupt erst zugänglich zu machen. Die Lösung wird mit einem Schwamm aufgetragen. Dabei sollte man sehr sorgfältig arbeiten um wirklich alle Stellen zu behandeln. Wie ich später feststellte, hatte ich einige kleine Bereiche übersehen mit der Folge, dass dort die Bearbeitung mit dem Abrasivum nicht richtig funktionierte. Ob die Entfettung erfolgreich war, kann man mit dem Wasserschlauch prüfen. Das Wasser läuft in deutlichen Schlieren ab und bildet keine Tropfen mehr.
In einem zweiten Schritt wurde danach das gesamte Boot mit einem in Oxalsäure getränkten Schwamm abgewaschen. Ich arbeitete mit einer Lösung, die ich aus 1 l Wasser und 100 g des gelieferten weißen Pulvers angesetzt hatte. Die Lösung entfernt organische Vergilbungen (Algen) und greift auch Rost an. Nach einer halben Stunde Einwirkzeit meinte ich eine deutliche Wirkung zu bemerken. Obwohl in der METASCO-Anleitung nichts dazu steht, wusch ich danach mein Boot nochmals gründlich mit klarem Wasser um den durch die Säure gelösten Dreck von der Oberfläche zu entfernen. Ob das wirklich notwendig ist, kann ich nicht sagen.
Erst danach beginnt die eigentliche abrasive Reinigung. Dieser dritte Schritt ist mit Abstand der zeitraubenste. Im Prinzip ist es ganz simpel: Man nimmt ein "Superpad weiß", gibt darauf einen Spritzer Metax BS1, verreibt alles gleichmäßig auf einer Fläche von etwa 50 cm * 50 cm und poliert weiter so lange bis es schön glänzt. Was sich so einfach anhört ist eine schweißtreibende Angelegenheit, die jede Menge Muskelschmalz erfordert. Während meine Frau das Deck ausschließlich manuell bearbeitete, benutzte ich für die großen Rumpfflächen eine Poliermaschine von Kunzer. Auch damit war die Arbeit nicht wirklich leicht, ging aber deutlich schneller als von Hand. Bewährt hat sich bei mir für den Superpad mit 150 mm Durchmesser einen 125 mm Polierteller zu benutzen und die Maschine mit langsamster Drehzahl (etwa 600 U/min) zu betreiben. An körperliche Arbeit nicht gewohnt, fiel mir auch die Reinigung mit der Maschine nicht leicht. Tröstlich war vor allem, dass sich bei dieser Arbeit deutliche Erfolge einstellen. Es baut auf, wenn das Boot nach und nach wieder in schon fast vergessenem alten Glanz erstrahlt.
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Die Steuerbordseite während der Bearbeitung mit BS1. Im vorderen Teil ist noch unbehandelte Fläche. |
Auch auf der Backbordseite ist ein deutlicher Unterschied zu sehen. |
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Nach Abschluss der Arbeiten glänzt sie wieder wie in alten Zeiten. |
Nein, das ist kein Fleck sondern eine Spiegelung des Lichts. |
Der abschließende vierte Arbeitsschritt, die Konservierung mit Certonal, war dagegen ein Klacks. Die cremige Flüssigkeit habe ich mit einem Baumwolltuch dünn aufgebracht und mit einem weichen Lappen auspoliert. Auf die für hohe Ansprüche empfohlende Verwendung von Polierwatte habe ich bewußt verzichtet. Dazu hätte ich bei den vorhergehenden Schritten auch noch sorgfältiger arbeiten müssen. Außerdem handelt es sich bei meinem Boot immer noch um einen Gebrauchsgegenstand und nicht um ein Ausstellungsobjekt.
Fazit
An unserem 10 m langen Boot haben meine Frau und ich volle drei Tage gearbeitet. Eine Arbeit die uns nicht leicht fiel, abends haben wir jeden einzelnen Muskel gespürt. Trotzdem würden wir es sofort wieder machen. Es macht Spaß zu sehen, wie das Boot nach und nach wieder in altem Glanz erstrahlt. Ob es bessere Mittel als die von uns verwendeten gibt, kann ich mangels Vergleichsmöglichkeit nicht sagen. Das METASCO-Zeug funktioniert auf jeden Fall und lässt sich auch von Laien prima verarbeiten.