PACTOR - Airmail

Als Mailsoftware für PACTOR an Bord hat sich Airmail durchgesetzt. Im Grunde handelt es sich um einen Mailclient wie wir ihn alle aus dem Alltagsgebrauch (z.B. Thunderbird, Outlook, etc.) kennen. Anders als diese nimmt das Programm auf Besonderheiten der Funkübertragung Rücksicht und bietet darüber hinaus einige Funktionen, die man als Segler unterwegs gut brauchen kann. Ich beschränke mich hier bewusst darauf grundlegende Funktionen, die dabei helfen sollen das System in Betrieb zu nehmen, zu erläutern. Die Feinheiten kommen im täglichen Gebrauch von allein.

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Installation und Inbetriebnahme
Airmail kann man kostenlos herunterladen. Die Versionen für See- und Amateurfunk unterscheiden sich geringfügig. Funkamateure verwenden demnach die HAM-, Seefunker die Sailmail-Version. Meine Ausführungen beziehen sich auf die AFU-Variante 3.3.081 unter XP bzw. die Beta-Version 3.4.062 für Windows 7.

Wie allgemein üblich läßt sich das Programm mit dem heruntergeladen exe-File installieren. Nach Abschluss findet man auf dem Desktop den blauen Icon mit dem unverkennbaren Antennensymbol. Beim erstmaligen Start fragt Airmail das Rufzeichen des Benutzers und einige weitere Informationen über angeschlossene Geräte ab. Nur das Call muss zunächst stimmen, da sich alle Angaben auch später (Tools > Options...) noch ändern lassen. Eine gültige Amateurfunklizenz (bzw. ein zugeteiltes Seefunkrufzeichen und einen darauf lautenden Sailmail-Account) ist demnach zwingende Voraussetzung um Airmail nutzen zu können. Weil Winlink das Rufzeichen als Unterscheidungsmerkmal nutzt, gilt das auch dann, wenn zunächst ausschließlich direkt über das Internet mit Telnet und nicht über Funk gearbeitet wird.

Startbildschirm (Ausschnitt) von Airmail nach der Installation

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 Wer andere Mailclients kennt, wird sich auch hier zurecht  finden. Eingehende Mails befinden sich in der In- ausgehende in der Outbox. Es gibt ein Adressbuch und über den Button mit dem weißen Blatt macht man ein Fenster zum Schreiben einer neuen Mail auf. Es ist also alles so, wie man das kennt. Nachdem man eine Mail geschrieben hat verschickt man sie allerdings nicht sofort, sondern legt sie zunächst über einen Klick auf das Symbol, welches wie ein amerikanischer Briefkasten aussieht, in die Outbox. Zum Versand der Mails gibt es zwei Möglichkeiten. Telnet wird man immer dann nutzen, wenn man sowieso eine Internetverbindung hat und PACTOR über Kurzwelle, wenn das nicht der Fall ist.

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 Telnet Terminal
 Telnet Settings

Telnet einrichten
Es macht Sinn, sich zunächst zu Hause mit dem Programm vertraut zu machen und die ganze PACTOR-Geschichte erst einmal außen vor zu lassen. Alle Funktionen lassen sich auch über Telnet nutzen. Um darüber mit Winlink (das ist der Provider, siehe dazu die einleitende Übersicht) über das Internet Verbindung aufzunehmen, öffnet man das Telnet-Fenster durch Klick auf das Blitzsymbol. Nur beim ersten Mal muss man bei Settings die Daten einer Winlink-Station einstellen. Dazu kann man die nebenstehenden Werte benutzen. (WL2KS; Sandiego.winlink.org; 8772; 30; eig. Call; CMSTelnet; B2) Das Rufzeichen ist natürlich das eigene. Ist das getan betätigt man nur noch den grünen Connect-Button, der die Datenübertragung auslöst. Nach wenigen Sekunden sind die ausgehenden Mails versandt und die eingehenden finden sich in der Inbox.

Auf diese Weise kann man beliebige Mails austauschen. Zu beachten ist lediglich, dass Winlink ein sehr restriktives Filter hat um die auf Kurzwelle begrenzte Bandbreite gegen Spam zu schützen. Es werden nur Mails von Absendern durchgelassen, die in einer Whitelist stehen. Die kann man auf der Website von Winlink bei Webmail editieren, oder - am einfachsten - indem man zunächst selbst eine Mail an diese Adresse schickt, aktualisieren. Damit ist sie automatisch freigeschaltet.

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PACTOR einrichten
Über Kurzwelle mit PACTOR geht es im Prinzip ganz genau so. Lediglich die erstmaligen Vorbereitungen sind etwas umfangreicher. Zunächst muss die Funkstation natürlich betriebsfähig und die PACTOR-HW, wie im vorhergehen Kapitel beschrieben, vollständig installiert sein. Spätestens jetzt ist auch notwendig diese HW-Konfiguration Airmail bekannt zu machen. Dazu ruft man Tools > Options auf und trägt die entsprechenden Daten ein. Bei mir mit einem PTC-IIex ohne Fernsteuermöglichkeit des Transceivers sieht das dann bspw. wie auf den folgenden Bildern aus.

Einstellungen Options - Connection Einstellungen  Option - Settings

Auf der Seite Options-Connection wird oben links der Controllertyp und die Schnittstelle über die er mit dem PC kommuniziert eingestellt. Rechts daneben die Art, wie der Transceiver von Airmail gesteuert wird. (In diesem Fall wird ein PTC-IIex ohne Fernsteuermöglichkeit verwendet, deshalb steht da "None".) Darunter bei den Audio Tones ist nur wichtig, dass die Center Frequency (Mittenfrequenz) auf 1500 steht und USB (oberes Seitenband) ausgewählt wurde. Damit wird der TRX immer 1,5 kHz weniger als die Stationsfrequenz aus der Übersichtsliste anzeigen. Die Amplituden sind jetzt noch nicht wichtig, ihre Einstellung wird weiter unten beschrieben.

Beim zweiten Reiter Option-Settings muss das eigene Rufzeichen stehen. Die Felder für den ID-String und das Password lässt man einfach frei. Es ist unüblich ein Passwort zu verwenden, möchte man das trotzdem machen, muss man dies vorher formlos bei Winlink beantragen. (Siehe dazu entsprechende Hinweise in der Hilfe.) Wichtig ist auch, dass unten "Level 2 B2F" ausgewählt wurde. Andernfalls könnten keine Mails mit Anhang ausgetauscht werden. Der Inhalt aller anderen Reiter kann im Default-Zustand bleiben. Die Einstellungen werden mit Click auf "OK" abgeschlossen.

Nächster Schritt ist die Frequenzliste auf den aktuellen zu Stand bringen. Die Daten dazu kann man von Winlink herunterladen. Dazu öffnet man in Airmail "Window > Catalogs". Auf der linken Seite gibt es ein Verzeichnis "WL2K", darin ein weiteres "Global" in dem man wiederum eines "WL2K_RMS" findet. Dieses enthält verschiedene Dateinamen. Bei "PUB_PACTOR" setzt man ein Häkchen in der Spalte Request. Danach kann man alles unten rechts mit Close schließen. Im Outbox-Ordner ist jetzt eine Anforderungsmail, die man wie bisher mit Telnet wegschickt.

 Die in der Inbox eingegangene aktuelle Frequenzliste wird durch Mausklick markiert

Nach einigen Minuten schaut man erneut mit Telnet nach ob in der Inbox eine Antwort vorliegt. Deren Inhalt muss uns nicht weiter interessieren. Wir makieren die eingegangene Mail, gehen auf "Tools" und klicken dort "Make Frequency List" an. Daraufhin öffnet sich ein Fenster mit den neuen Daten. Unten rechts klicken wir nacheinander Update, Save und Ok in dieser Reihenfolge an. Jetzt hat Airmail die aktuellen Stationsdaten. Da sich diese ändern können, sollte man diesen Vorgang auch später ab und zu mal wiederholen. Die Liste wird regelmäßig jeweils zum 1. eines Monats aktualisiert.

Mit "Make Frequency List" wird die aktuelle Frequenzliste
geladen und mit den Buttons "Update", "Save" und "OK"
(in dieser Reihenfolge) für gültig erklärt.
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Nur an die Stationen, die für eine Verbindung wirklich

infrage kommen, setzt man bei  "View > Frequency List"

einen Haken.

In der Praxis wird man nur wenige der weltweiten Winlink-Stationen nutzen. Bei mir aus dem Mittelmeerraum haben sich z.B. ON0FS, HB9AK, HB9XQ, HB9MM, OE3XEC und LZ3CB (Stand Aug. 2012) bewährt. Nur an diese Stationen setzt man nach Öffnen von "View > Frequency List" einen Haken. Das macht den späteren Betrieb wesentlich übersichtlicher, denn andere Stationen werden erst gar nicht mehr angeboten.

 
Die richtige Einstellung der Sendeamplituden ist sehr wichtig.

Dieses Kapitel darf nicht abgeschlossen werden ohne auch eine Anleitung zum richtigen Einstellen der Sendeamplituden zu geben. Dies ist sehr wichtig weil eine zu große Amplitude zu verzerrten Sendesignalen führt, was nicht nur zu schlechten Verbindungen mit vielen Wiederholungen sondern auch zu Störungen bei anderen unbeteiligten Stationen führt. 

Man ruft dazu über das Antennensymbol das Terminalprogramm auf. (Wenn jetzt eine Fehlermeldung kommt, hat man den PACTOR-Controller nicht oder nicht richtig angeschlossen. Siehe dazu auch das vorhergehende Kapitel.) Dort findet man unter „Control“ die Einstellung „Set PTC-II Amplitude“. Das Häkchen für Track sollte dort gesetzt sein. Mit xmit schaltet man den Sender und fährt den Pegel für FSK (PSK ändert sich automatisch analog) hoch, bis die ALC-Anzeige (Informationen dazu im Manual des TRX) auf dem Transceiver gerade anfängt anzusprechen. Von diesem Wert zieht man ungefähr 40% wieder ab und stellt den so errechneten Wert ein. Das passt und erzeugt mit Sicherheit ein gutes unverzerrtes Signal. Im Betrieb später ist lediglich noch darauf zu achten den Mikrofonregler in genau der beim Ermitteln des Pegels verwendeten Stellung zu belassen. Der Wert für TX-Delay bestimmt die Zeit, die nach Umschalten auf Sendung gewartet wird, bis mit dem Senden der Daten begonnen wird. Der Wert sollte so klein wie möglich sein und hängt von der Umschaltgeschwindigkeit des Funkgerätes ab. Zum Vergleich die Werte bei mir: FSK 517 mV, PSK 689 mV und TX-Delay 20 ms. Mit "Apply" werden die ermittelten Werte im Programm gespeichert.

Damit sind alle Vorbereitungen für die PACTOR-Übertragung auf KW abgeschlossen und es kann endlich losgehen.

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Pactor Terminal

Verbindung über PACTOR
Durch Klick auf das Antennensymbol öffnet man das Terminalfenster. Bei richtig angeschlossenem und betriebsbereiten Controller rauschen zunächst eine ganze Reihe  Daten durch, mit denen Airmail das Modem konfiguriert. Man wählt zunächst die Station aus, mit der man Verbindung aufnehmen möchte und gleich daneben die zu benutzende Frequenz. Für größtmögliche Übertragungsgeschwindigkeit ist es wichtig eine zu wählen, die auch PACTOR 3 zuläßt. Nutzer von Controllern ohne Fernsteuermöglichkeit des TRX müssen diese Frequenz auch am Transceiver einstellen. Den richtigen um den Versatz korrigierten Wert dazu findet man unten rechts. Normalerweise hat man diese Frequenz schon in einem Speicher abgelegt und die Sache ist mit einem Knopfdruck erledigt. Erst wenn man sich überzeugt hat, dass keine anderweitige Funkverbindung läuft, betätigt man den grünen Connect-Button. Meistens meldet sich die gerufene Station sofort, manche lassen auch bitten und brauchen etwas länger bis sie antworten. Das kann man am Empfänger deutlich hören. Wenn nicht probiert man eine andere, besser geeignete Frequenz oder wartet ein paar Minuten bis die Station wieder frei ist. Es könnte ja sein, dass sie auf einer anderen Frequenz eine Verbindung hat, von der man selbst nichts mitbekommt.

 

Ablauf einer typischen Pactorverbindung. Ganz oben der Rest eines angebrochenen Anrufes an HB9XQ. Danach ein

Anruf an LZ3CB. Die Station meldet sich sofort und stellt eine Verbindung zum Winlink-Netzknoten in Perth/Australien

her. Danach wird eine Mail herauf geladen. Das Bild wurde während dieses Vorganges aufgenommen. Später werden

evt. vorliegende Mails übertragen bevor LZ3CB die Verbindung wieder unterbricht. Abhängig von der Menge der zu

übertragenden Daten kann die ganze Verbindung mehrere Minuten dauern. Ein Eingreifen des OPs ist nicht notwendig.
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Wie eine typische Verbindung abläuft zeigt das Bild oben. Nach einem erfolgreichen Connect kommt innerhalb kurzer Zeit eine 1 gefolgt vom eigenen Rufzeichen (Im Bild: 1dk4fd. Ist das nicht der Fall, hat es durch Störungen eine Fehltriggerung gegeben. Dann beginnt man am besten noch einmal neu.) Danach kommt ein Begrüßungstext und die Stationen tauschen untereinander Daten (Übertragungsmodus, -bedingungen, etc.) ohne das man davon etwas sieht. Während der eigentlichen Datenübertragung werden in der Standardeinstellung immer zunächst die zu sendenden Mails, gefolgt von den eingegangen übertragen. Kommt die Meldung "FQ" liegen keine Mails mehr vor und die Verbindung wird automatisch unterbrochen.

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Troubleshooting
Bei anhaltenden Schwierigkeiten einen Connect zu bekommen, d.h. man hört akustisch die Gegenstation aber man bekommt keinen Connect oder dieser bricht nach kurzer Zeit wieder ab, sollte man noch einmal kritisch die Einstellung des TRX bzgl. der Übertragungsparameter prüfen. Darüber hinaus empfiehlt es sich die Umschaltzeit Rx/Tx (TX-Delay) im Zweifel eher deutlich zu hoch einzustellen. Reduzieren kann man sie später immer noch. Zu beachten ist auch, dass es am Transceiver oft Funktionen gibt, die die Umschaltzeit indirekt beeinflussen können. An meinem FT-890 darf bspw. keinesfalls die VOX-Funktion aktiviert sein. Auch dann nicht, wenn überhaupt kein Mikrofon angeschlossen ist.

Moderne KW-Transceiver haben oft eine Vielzahl von Möglichkeiten um die Signalqualität zu verbessern. Dies gilt vor allem für SSB-Sprachübertragungen, weil das Ohr damit z.T. verbundene Nachteile kompensiert. Für PACTOR wirken sich diese Funktionen in den allermeisten Fällen negativ aus. So müssen Sprachprozessoren abgeschaltet und automatische Regelungen der Signalverstärkung (AGC) auf träge (slow) geschaltet sein. Ebenfalls abschalten sollte man irgendwelche Notchfilter, Noiseblanker oder eine automatische Stummschaltung (Squelch), die viel zu langsam reagieren würde.

 Arbeitsweise der Shiftfunktion

Besonders tückisch ist eine Shift-Funktion mit der man das Nutzsignal gegenüber der ZF-Durchlasskurve verschieben kann. Ist es wie bei meinem FT-890 nicht möglich diese abzuschalten, muss man darauf achten, dass sich beide Kurven vollständig decken. Nur dann wird optimaler Datendurchsatz erreicht. Die richtige Einstellung probiert man am besten aus. Um mal ein Beispiel zu nennen: Bei mir muss(!) der Regler auf "10 Uhr" stehen. Nur leicht daneben senkt den Datendurchsatz. Bei größeren Abweichungen bricht die Verbindung immer wieder ab oder kommt erst gar nicht zustande.

Häufige Fehlerursachen sind auch versehentlich eingeschaltete Clarifier oder Splitfunktionen mit denen man Sender und Empfänger auf verschiedenen Frequenzen betreiben kann. Auch sie müssen abgeschaltet sein, damit exakt gleiche Frequenzen benutzt werden. Mangelnde Sendeleistung, wie besonders Anfänger oft vermuten, ist dagegen in den seltensten Fällen ein Problem. Im Gegenteil, wird der Sendepegel zu hoch eingestellt führt dies zu Signalverzerrungen, die zur Reduzierung des Datendurchsatzes führen und in extremen Fällen sogar Nachbarfrequenzen stören können. Für PACTOR reichen ein paar Watt (ca. 20 W ist ein guter Wert) völlig aus.

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PACTOR - unterwegs