PACTOR - Übertragungsverfahren
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- Veröffentlicht: Mittwoch, 18. Juli 2012 08:18
- Geschrieben von Martin Erger
Einführung
Abhängig von den Übetragungsbedingungen hat Kurzwellenfunk hat eine Reichweite bis zu mehreren tausend Kilometern. Dieser gegenüber dem bekannten Mobilfunk im Gigahertzbereich für uns auf See entscheidende Vorteil, muss mit ein paar Nachteilen erkauft werden, die großen Einfluss auf die übertragbare Datenmenge haben. Um das System optimal nutzen zu können ist vor allem wichtig, wenigstens in Grundzügen zu verstehen wie es funktioniert. Das hilft sehr die Geräte richtig einzustellen, denn das PACTOR-Signal muss optimal in den zur Verfügung stehenden Übertragungskanal passen. Andernfalls reduziert sich die Datenrate, wenn man ganz viel Pech hat geht vielleicht auch gar nichts.
Einen m. E. leichten Zugang zur Funktionsweise erhält man, wenn man sich ein wenig mit der Entwicklungsgeschichte von PACTOR beschäftigt. Ich selbst hatte mich bereits in den frühen Siebzigerjahren des letzen Jahrhunderts als Student der Nachrichtentechnik mit Funkfernschreiben (RTTY) über Kurzwelle beschäftigt und habe die PACTOR-Historie nicht zuletzt deshalb mit Spannung verfolgt. Wesentliche PACTOR-Voraussetzung war und ist für die Übertragung normale SSB-Transceiver nutzen zu können, wie sie standardmäßig bei Funkamateuren und auch im Seefunk verwendet werden. Die besondere Herausforderung liegt darin, den Einfluss von Störungen, die sich beim KW-Funk nicht vermeiden lassen, zu minimieren und eine fehlerfreie Datenübertragung zu ermöglichen.
Schon vor PACTOR waren im Amateurfunk AMTOR (im Seefunk SITOR) und Packet-Radio zur Übertragung digitaler Daten bekannt. In beiden Verfahren waren bereits Maßnahmen zur Datensicherung vorhanden, so dass auf Empfängerseite erkennbar war ob ein Datenpaket richtig übertragen wurde und so gegebenenfalls eine Wiederholung angefordert werden konnte. Anfang der 90-ger Jahre kamen deutsche Funkamateure auf die Idee die Vorteile beider Verfahren zu kombinieren. Das war die Geburtsstunde von PACTOR, in dessen Namen sich unschwer die Eltern erkennen lassen. Wesentliche Neuerung war vor allem, dass ein Datenpaket nicht mehr so oft wiederholt werden musste bis es fehlerfrei ankam, sondern aus mehreren Übertragungen, die für sich gesehen durchaus Fehler beinhalteten, berechnet werden konnte. Nächster Innovationsschritt war die Ergänzung um verschiedene Kompressionsverfahren um die übertragene Datenmenge zu reduzieren. Diese als PACTOR 2 bezeichnete Übertragungsart ist heute noch die Grundlage aller PACTOR-Systeme und auch bei schnelleren wird sie z.B. zum Verbindungsaufbau benutzt. Man sollte den Signalaufbau deshalb kennen, um das Funkgerät richtig einstellen zu können.
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Pactor 2 Signal (Quelle SCS) |
PACTOR 2
Für die binäre Information wird ein Träger jeweils um 200 Hz in der Frequenz verändert. Diese Art der Modulation nennt man FSK (Frequency Shift Keying). Der mittlere dieser beiden Werte wird als Übertragungsfrequenz bezeichnet und ist der, der in Stationsübersichten angegeben wird. Weil er von der Anzeige des Transceivers abweicht, führt dies oft Verständnisschwierigkeiten. Die Ursache liegt darin, dass ein SSB-Transceiver eigentlich für Sprache und nicht für die Übertragung von digitalen Informationen gedacht ist. Man hilft sich mit der Erzeugung von Tönen, die natürlich innerhalb des 2400 Hz breiten Übertragungskanals liegen müssen. Verwendet man wie oft üblich 1400 und 1600 Hz weicht die Anzeige 1500 Hz ab. Will man damit bspw. eine Verbindung zu ON0FS auf 14115 kHz herstellen, muss bei Verwendung des oberen Seitenbandes (USB) die Anzeige am TRX 14113,5 kHz sein. Der entscheidende Nachteil von PACTOR 2 ist, dass die Umschaltgeschwindigkeit zwischen den beiden Frequenzen prinzipbedingt nur gering sein darf und dadurch der Datendurchsatz (etwa 200 Byte/min) entsprechend bescheiden ist. Man könnte aber, da nur ein Teil der SSB-Bandbreite benutzt wird, schmalere Filter benutzen um Störungen weiter zu unterdrücken. Das wird eher selten gemacht, da es so etwas oft nur als Option gegen Aufpreis gibt. Außerdem sind die meisten Segler an einer möglichst schnellen Datenübertragung z.B. über PACTOR 3 interessiert, die man sich dadurch verbauen würde.
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PACTOR 3 Signal (Quelle SCS) |
PACTOR 3
Schneller geht mit dieser Art von FSK nicht. PACTOR 3 arbeitet deshalb völlig anders. Bis zur 18 phasenmodulierte (PSK) Träger werden parallel übertragen. Damit wird die Bandbreite (2400 Hz) des Übetragungskanals vollständig ausgenutzt. Das Verfahren hat den Vorteil, dass man bei evt. Störungen einzelne Träger abschalten und mit reduzierter Kapazität weiterarbeiten kann. Das und auch das Wiederzuschalten, wenn die Bedingungen es zulassen, macht der Controller völlig selbstständig. Es wird also immer die optimale Übertragungskapazität genutzt. Voraussetzung ist natürlich, dass die Frequenzen beider beteiligten Stationen exakt übereinstimmen. Sollte das nicht der Fall sein, geht es meistens mit reduzierter Datenrate auch. Es macht deshalb Sinn einen TRX mit einer auf 10 Hz genauen Anzeige zu benutzen und diese ab und zu an einem Frequenznormal (z.B. WWV) zu überprüfen. Da auf Kurzwelle fast immer irgendwelche Störungen sind, ist die theoretisch erreichbare Datenrate (3,6 kB/s) eher selten. Nach meiner Erfahrung sind durchschnittlich 2000 Byte/min realistisch. Damit ist die Übertragung etwa 10 mal schneller als PACTOR 2. Die Mehrkosten lohnen m.E. auf jeden Fall.
PACTOR 4
Mit dem neuen PACTOR 4 habe ich bisher keine eigenen praktischen Erfahrungen. Nach Angaben von SCS soll es doppelt so schnell wie PACTOR 3 sein. Ob dafür die erheblichen Mehrkosten lohnen? Wenn man vor der Anschaffung eines neuen Controllers steht, mag es ja noch eine Überlegung wert sein. Wenn man wie ich aber schon einen hat, den man dann verschrotten müsste, habe ich doch meine Zweifel. Bei mir bleibt es bis auf weiteres bei der bewährten Lösung.
Diese Überlegungen machen auch den entscheidenden Nachteil von PACTOR deutlich: Die Preise der Controller übersteigen deutlich die eines kompletten KW-Transceivers. Sicher ist der Aufwand für die Berechnung der Signale mittels FFT nicht unbeträchtlich und die Stückzahlen werden für ein solches Nischenprodukt auch nicht in den Himmel wachsen. Trotzdem wären die Teile sicher erheblich billiger, wenn es nicht nur einen Anbieter geben würde, der das Monopol hält.
Winmore
Wer ohne in einen PACTOR-Controller zu investieren schon mal ein bisschen bei Winlink reinschnuppern möchte, sollte sich mal mit WINMORE beschäftigen. Bei dieser Übertragungsart wird der TRX direkt mit den der analogen Tonschnittstelle des PC verbunden. Alles weitere erledigt eine Software im PC. Die Geschwindigkeit der Datenübertragung liegt allerdings noch deutlich unter der von PACTOR 2. Der dringende Wunsch nach einem richtigen Controller kommt danach garantiert.
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